vergessen-verloren

R. vermisst seinen gelben Spielzeugbus, den er vorgestern hier vergessen habe, lässt mich ein Aushang am Tor des kleinen Parks wissen. Wer ihn versehentlich mitgenommen habe, möge sich bitte melden.

Ich erinnere mich, dass ich ihn sah, den kleinen gelben Bus, gestern im Park. Ich erinnere mich aber nicht mehr, wo genau. Ich erinnere mich, dass er alleine dort stand, leicht versteckt unter den Zweigen eines Baumes. Ich laufe die Wege ab und finde ihn nicht. Dann fällt mir ein, dass R.s Mutter, die den Zettel schrieb, vielleicht auch R.s Vater, vermutlich eben diese Wege bereits mehrfach suchend entlang gelaufen sind. Ich sehe sie vor mir, hinter Bänke schauend, unter Büsche kriechend, ein weinendes Kind hinter ihnen her. Wie sie zunächst noch Optimismus verbreiten, geduldig-heiter, wie die Stimmung langsam angespannter wird angesichts der sich aufdrängenden Erkenntnis Er ist nicht mehr hier, wie sie es irgendwann aufgeben und beschließen, nach Hause zu gehen. Zuvor bringen sie noch den Zettel am Tor an, den R.s Mutter oder der Vater (doch ich vermute, es war die Mutter), bereits zuhause vorbereitet hat, in der Befürchtung, den Bus nicht zu finden, doch mit der gleichzeitigen Hoffnung, den Zettel nicht zu brauchen.

Fast jeden Tag besuche ich den Park und fast täglich sehe ich Dinge, die jemand vergessen oder verloren hat. Aus den vergangenen Monaten erinnere ich mich an:

  • eine dunkelgraue Schirmmütze am Boden (heute)

  • gestern erst einen kleinen roten Karabiner mit Kompass, er lag auf einer Bank; ich war versucht ihn mitzunehmen, er gefiel mir sehr, aber ich ließ ihn liegen – heute ist er fort

  • eine senfgelbe Trinkflasche am Fuße einer anderen Bank; sie stand mehrere Tage dort

  • eine Kindermütze (violett) neben einem angebissenen Reiscracker

  • eine rote Damenjacke am hinteren Eisentor

  • einen einzelnen Handschuh im Laub

  • einen Paw-Patrol-Rucksack, der über mehrere Tage hinweg die Position änderte und irgendwann ganz schmutzig war

  • einen ausrangierten Polsterstuhl in einer Schneise zwischen Brennesseln

  • ein paar braune Stiefeletten auf dem Baumstumpf, der auf der großen Freifläche steht und durch seine wechselnde Bestückung mit Vogelfutter, Pflanzen, Spielzeug und Dingen des Alltags oft wirkt wie eine Opferstätte mit Gaben an die Götter; nach Ostern lag dort noch Tage später ein einzelnes Schokoei in hellblauem Stanniol

  • einen Kopfsalat auf einer Bank

Laute

Genuss

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